25 Jahre TdSC - Das Jubiläum 1999

Auszüge aus dem Jubiläumsheft

Ein Rückblick auf 25 Jahre

Shantys zu singen macht Spaß. Noch größer ist das Vergnügen allerdings, wenn das zusammen mit anderen Chören geschehen kann. Das war die Grundidee für eine der inzwischen größten Veranstaltungen in Cuxhaven, den Tag der Shanty-Chöre, der am 09.06.1974 in Cuxhaven Premiere hatte. Einen Rückblick auf die 25-jährige Entwicklung dieser Veranstaltung und bemerkenswerte Höhepunkte soll dieses Jubiläumsheft vermitteln. Dabei kann natürlich nicht auf einige einleitende Worte zum Shanty-Chor Cuxhaven verzichtet werden, der diese Veranstaltung von Beginn an begleitet und geprägt hat.

Cuxhavener Lotsenchor bei einem Auftritt am 1. Tag der Shanty-Chöre Die Cuxhavener hatten immer eine besondere Beziehung zum Meer und zur Seefahrt. Dieses macht einen wesentlichen Teil unserer Stadtgeschichte aus. Von daher sind wir Cuxhavener stolz, einen der besten Shanty-Chöre in unserer Stadt zu wissen, der das Image der Stadt aufwertet und einen wichtigen Teil unserer Geschichte lebendig hält. Mit seinen Liedern bewahrt der Shanty-Chor Cuxhaven die Erinnerung an das Leben der Fischer, Seeleute und Matrosen zur Blütezeit der früheren großen Frachtsegler. Die Idee zu einem Treffen von Shanty-Chören haben im Jahre 1974 der Kurdirektor Hans Demgen und der Veranstaltungsleiter der Kurverwaltung, Otto Prieß.

Zusammen mit Kurt Kniesche, dem (damaligen) Chorleiter des Shanty-Chor Cuxhaven, werden die wenigen damals bekannten Chöre zu einem Treffen nach Cuxhaven eingeladen... Und sie kommen, wie aus dem nachfolgenden Zeitungsartikel der Cuxhavener Presse vom 10.06.1974 nachzulesen ist:

Ausschnitte aus dem Bericht "Cuxhaven möchte Shanty-Chören eine feste Heimstatt bieten".

Kurdirektor Hans Demgen hatte doch ganz offensichtlich wieder einmal die richtige Idee. Seiner Initiative ist es zu danken, dass am gestrigen Sonntag der erste Tag der Shanty-Chöre im Nordseeheilbad Cuxhaven stattfand. Zum Konzert der Shanty-Chöre im Kurpark waren rund 1000 Zuhörer gekommen. "Wir haben insgesamt 14 Shanty-Chöre angeschrieben", berichtete Otto Prieß von der Kurverwaltung, "zehn Chöre haben reagiert. Fünf von ihnen beteiligten sich am ersten Tag der Shanty-Chöre in Cuxhaven, zwei - die Helgoländer Karkfinken und der Shanty-Chor Aurich - entsandten Delegationen. Für den Abend hat sich auch noch eine Delegation des Shanty-Chores aus Finkenwerder angesagt". Die Shanty-Chöre Hamburg und Geestemünde haben ihr Interesse an der Veranstaltung bekundet, konnten aber aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen.

1980 im Kurpark - Shanty-Chor Einbeck Shanty-Chor Bielefeld - 1986 Weiter meinte Otto Prieß: "Die Chöre waren uns dankbar, dass wir sie angeschrieben haben. Es gibt da eine ganze Reihe von Fragen. Wo beispielsweise bekommt man die Noten für Shantys her? Wie ist das mit der GEMA? Wir haben guten Grund zu hoffen, dass der Tag der Shanty-Chöre zu einem festen Bestandteil unseres Programms wird!"

Zu den Chören der ersten Stunde gehören der Shanty-Chor der Marinekameradschaft Wilhelmshaven von 1894, der Shanty-Chor Marinekameradschaft Bünde von 1900, der Shanty-Chor Bremerhaven, der Shanty-Chor Cuxhaven-Döse und der Shanty-Chor der Cuxhavener Seelotsen.

Herforder Shanty-Chor - 1989 In einem Bericht der Neuen Cuxhavener Zeitung (man beachte, dass in Cuxhaven damals zwei Tageszeitungen existierten) werden eindrucksvolle Worte des Kurdirektors zitiert: "Der Cuxhavener Kurpark erlebte eine Welturaufführung. Hier fand ein Festival der Shanty-Chöre statt, zum ersten Mal in Cuxhaven und zum ersten Mal in der Welt".

An den Erfolg des ersten Tag der Shanty-Chöre anknüpfend wird im Folgejahr die zweite Veranstaltung dieser Art durchgeführt. Immerhin nehmen an diesem Treffen bereits sieben Chöre teil: Shanty-Chor MK Bünde, Shanty-Gruppe des Emdener Segelvereins, Shanty-Chor Marinekameradschaft Wilhelmshaven, Shanty-Chor Norderney, die Wattenpieper aus dem Lande Wursten, der Dorumer Chor und natürlich der Shanty-Chor Cuxhaven. Von den Zeitungen wird auch dieser zweite Tag der Shanty-Chöre gelobt:

Ausschnitte aus dem Artikel "Gestern wurde in Döse die Zeit der Windjammer wieder lebendig" vom 13.06.1975 aus der Neuen Cuxhavener Zeitung:

Lachender Sonnenschein und eine steife Brise von See, dann und wann eine Möwe am blauen Himmel, konnte es eine passendere Kulisse für die vielen Seemannslieder und Shantys geben, die gestern nachmittag im Kurpark einem Riesenpublikum von Kurgästen und Einheimischen die Illusion von Wind und Wellen, von Seemannsfreud und Seemannsleid vermittelten? Der Tag der Shanty-Chöre, zum zweiten Mal im Nordseeheilbad veranstaltet, wurde zum Anziehungspunkt für alle, die beim Anblick der in die Weite des Ozeans hinaus ziehenden Schiffe das Fernweh packt.

Nachdem sich immer mehr Chöre für eine Teilnahme interessieren und viele schon am Vortag anreisen, werden zum 4. Tag der Shanty-Chöre bereits am Samstag Auftritte eingeplant, quasi als eine Art von "Einsingen". Das Publikum nimmt diese Gastspiele in den Cuxhavener Kurteilen dankbar an. Besonders schön gestalten sich die Auftritte an der Alten Liebe vor der Kulisse des Weltschifffahrtsweges. So etwas kann eben nur Cuxhaven bieten!

Klaus Erlewein und Gisela Plambeck Zum 6. Tag der Shanty-Chöre meldet die Presse: "4000 Besucher kamen zum Tag der Shanty-Chöre". 1300 Portionen Erbsensuppe werden von den freiwilligen Helfern des Deutschen Roten Kreuzes am Sonntag im Kurpark verkauft. Die im Stadtkrankenhaus oder in der Kasernenküche zubereitete Erbsensuppe wird zu dieser Zeit noch mit den privaten Fahrzeugen der Cuxhavener Sänger transportiert. So ist überliefert, dass sich einer der Sänger beim Transport einen großen Teil der Suppe über die Hose kippte.

Der 7. Tag der Shanty-Chöre ist laut Presseberichten abwechslungsreich - auch im Hinblick auf das Wetter. Die in "Ostfriesennerz" gehüllten und mit Schirmen bestens ausgerüsteten Besucher haben trotzdem gute Laune. Zumal wegen des strömenden Regens ab 13:30 h der Eintritt frei ist und die immer wieder für rauschenden Beifall sorgenden Shanty-Chöre ihr Programm in der Kurparkhalle fortsetzten.

Trübes, regnerisches Wetter leider auch im Jahre 1981. Zum zweiten und letzten Mal in 25 Jahren singen die Chöre wieder in der halle, aber die meisten der 2000 Zuhörer müssen sich die Darbietungen wegen Platzmangel doch von draußen über die Lautsprecher anhören. So berichtet die Presse "Gut amüsiert haben sich alle Anwesenden sichtlich. Auch die Freilichtbühne stand nicht leer. In ihr hatten sich zahlreiche Erbsensuppenesser zum gemütlichen Picknick nieder gelassen."

Am Vorabend wird erstmalig der Gala-Abend durchgeführt. Sechs Shanty-Chöre treten in der Kurparkhalle auf, die von Klaus Erlewein angekündigt werden. Von neuen Rekorden ist im Jahre 1983 die Rede: in einer Stunde werden 1000 Portionen Erbsensuppe an den Mann gebracht. 2000 Zuhörer lockt allein der Shanty-Chör Bünde bei einem Konzert am Strandhaus Döse an. Das Gala-Konzert am Samstag abend meldet "ausverkauft", und am Sonntag werden im Kurpark über 4000 zahlende Besucher (nebst den nicht zahlenden Sängern und deren Begleitpersonen) gemeldet.

Zum 10. Tag der Shanty-Chöre passiert dann das Unglaubliche: Erstmalig in der Geschichte dieser Shanty-Chor-Treffen nimmt ein Frauenchor teil, nämlich die Brunsbütteler Heulbojen. Das Publikum ist begeistert, die Sänger nehmen es gelassen. Mit insgesamt 19 Chören im Jahre 1985 wird das Programm aller vorangegangenen Shanty-Tage übertroffen. Beim Gala-Konzert, in den Kurteilen, im Kurpark und inmitten des Hafen- und Altstadtfestes fanden die Sänger ihr Publikum.

Der Termin zur 12. Veranstaltung wird wegen des Deutschen Seeschifffahrtstages auf Ende Mai vorgezogen. Also singen die Chöre nicht nur im Kurpark, sondern auch am Hafen vor der grandiosen Kulisse des Hafenfestes. Am Sonntag findet außerdem das Hafenkonzert von Radio Bremen im Kurpark statt. Durch das anschließende Programm führt Dieter Kirchner. Parallel beginnt an der Hafenkaje am Krabbenkutterhafen die achtstündige Veranstaltung "Shanties, Show und Segelschiffe" mit Peter Mordhorst als Moderator. Dort treten die Chöre ebenfalls im halbstündigen Wechsel auf.

1987 versuchen es die Organisatoren mit einer Veränderung. So lädt man am Samstag erstmalig zu einem "Norddeutschen Bierabend" in die Kugelbake-Halle ein. Nach dem Motto "Jeder kann mitmachen" gestalten die Mitglieder von sieben Shanty-Chören die Veranstaltung spontan mit. Von Shantys auf bayrisch bis zur Hans-Albers-Parodie wird den rund 500 Gästen des Abends ein vergnügliches Programm geboten. Zu dieser Veranstaltung reist erstmals ein Chor aus Bayern an: Der Seemannschor Nürnberg gibt am Samstag abend sein Debüt.

20. Tag der Shanty-Chöre - Finale Das Jahr 1990 ist vielen Beteiligten in ganz besonderer Erinnerung. Zum 14. Tag der Shanty-Chöre nimmt erstmals ein Chor aus der DDR, nämlich die "Shanty-Gruppe Saalhund der Volkswerft Stralsund", teil. Mit besonders kräftigem Applaus werden die Sänger aus Stralsund begrüßt. Moderator Karl-Heinz Mangels erklärt, dass sich der Cuxhavener Shanty-Chor jahrelang um die Teilnahme eines Chores aus der DDR bemüht habe. So habe man dann gleich nach der Maueröffnung Kontakt zum Shanty-Chor Stralsund aufgenommen. Der Vorsitzende des Cuxhavener Shanty-Chores, Jens-Otto Meyn, und sein Sängerkollege Horst Will sind spontan nach Stralsund gefahren, um den Chor persönlich einzuladen. Die Sänger aus Pommern bedankten sich beim Shanty-Chor Cuxhaven für die mehr als freundliche Aufnahme. Wie selbstverständlich hatten die Cuxhavener die ostdeutschen Gäste bei sich zu Hause untergebracht und ihnen damit die Kontaktaufnahme erleichtert.

Ebenfalls erstmalig sind bei diesem Treffen die Isar-Möwen aus München dabei. Ohne jeden bayrischen Akzent können sie das Publikum begeistern. Einzigartig ist bei den Münchnern die Tatsache, dass auch Frauen mitsingen. Alle anderen Chöre können zu dieser Zeit den gesangsfreudigen Frauen den Zutritt (noch) verwehren.

Das ändert sich bereits am 19. Tag der Shanty-Chöre, lautet doch die Headline des Nachberichtes der Cuxhavener Nachrichten: "500 singende Seebären und hier und da ein weiblicher Kadett". In diesem Jahr sind Gäste vom Skagerrak eingetroffen: die Sänger des norwegischen Chores Langesunds Mannsangforening, die als singende Botschafter ihres Landes die Herzen der Zuhörer erobern.

Der 20. Tag der Shanty-Chöre beginnt mit einer Live-Übertragung: Alster-Radio Hamburg sendet am Samstag vormittag live den Auftritt des Shanty-Chores Neu Wulmstorf in der Nordersteinstraße. Bei einem Interview gibt Veranstaltungsleiter Gerhard Schlichting bekannt, in Absprache mit Petrus und Neptun habe er gutes Wetter bestellt. Diese Absprache scheint jedoch etwas missglückt, denn die Sonne verpasst an diesem Tag die Auftritte von 15 Chören. Am Abend zuvor gibt es einen mehr als ausverkauften "Maritimen Abend". Stimmungsvoll ist das Finale, bei dem alle Mitwirkenden unter der Leitung von Kurt Kniesche auf verdunkelter Bühne "Leise kommt die Nacht" anstimmen, während im Publikum Feuerzeuge aufleuchten.

Zur 21. Veranstaltung "gibt Petrus den Takt vor". So betritt Kurdirektor Schormann mit den Worten "Noch nie war er so wertvoll wie heute" die Bühne. Doch meinte er damit nicht den Geist aus der Flasche mit den drei Klosterfrauen auf dem Etikett, sondern jenes mit Stoff bespannte Drahtgestell, das er laut Programmheft über den gesamten 21. Tag der Shanty-Chöre zu halten hat. Doch Petrus sorgt am Sonnabend dafür, dass ein einzelner Mann als "Schirmherr" glatt überfordert ist. Donner, Blitz und Wolkenbruch ereilten die am Samstag nachmittag auftretenden Chöre. Am Sonntag hat Petrus mit den Sängern ein Einsehen und hält seine Schleusen dicht.

Erfahrungsaustausch unter Insidern Rund 400 aktive Sänger und ein großer Tross aus den Fan-Clubs reisen zum 24. Tag der Shanty-Chöre nach Cuxhaven. Den weitesten Weg legen die Sänger des Shanty-Chores Spiez zurück, denn sie kommen aus der Schweiz, wo normalerweise die langen Alpenhörner erklingen. Ein Ständchen im Fischereihafen sichert den Gästen aus Spiez eine Einladung zu frischem Fisch aus Cuxhaven.

Für den maritimen Abend haben die Noszélie Singers aus den Niederlanden extra nur Lieder mit deutschen Texten vorbereitet. Erstmalig findet morgens um 09:45 h bei strahlendem Sonnenschein eine maritime Andacht mit Pastor Wilhelm von der Recke statt. Zur Freude aller sind die Bankreihen schon zu Beginn der Andacht dicht gefüllt. Trotz Fußball-Länderspiel Deutschland gegen Jugoslawien harren viele Besucher die gesamten acht Programmstunden aus.

Und so kommen wir zum Ende unserer kleinen Chronik. Der Tag der Shanty-Chöre, der seit einem Vierteljahrhundert zunächst von der Kurverwaltung, später vom Veranstaltungszentrum unter Mitwirkung des Cuxhavener Shanty-Chores veranstaltet wird, hat sich zu einem Höhepunkt im Cuxhavener Veranstaltungsjahr gemausert. Aufgrund seiner musikalischen Qualität wurde unsere Stadt zu einer wahren Hochburg für Shanty-Chöre aus dem In- und Ausland. Durch das ständige Hinzukommen neuer Chöre ist der Tag der Shanty-Chöre stets lebendig geblieben. Die Sänger lernen unser schönes Nordseeheilbad kennen, befreundete Chöre kommen gerne wieder und die Cuxhavener, sowie die Gäste dürfen sich jedes Jahr an der Veranstaltung mit uns gemeinsam erfreuen.

Hoffen wir, dass es noch lange so bleibt.

Gisela Plambeck